17-03-2013 12:20
Die Fakten sind bekannt: Zypern hat um EU-Hilfsgelder zur Rettung der maroden Banken gebeten – welche nicht zuletzt durch den Schuldenschnitt bei den Griechischen Anleihen in massive Bedrängnis geraten sind (zypriotische Banken sind traditionell massiv in Griechenland investiert). Ein 10-Milliarden „Rettungspaket“ wurde geschnürt – unter einer Bedingung: Sparer Zypriotischer Banken müssen sich an der Banken-Rettung beteiligen. Guthaben von unter 100.000 Euro sollen einmalig mit 6,75 % belastet werden, Guthaben über Euro 100.000 mit 9,9 %.
Die Sache sollte so stattfinden, dass das Zypriotische Parlament heute zusammentritt, die Abgabe beschließt, die Banken morgen die Abgabe berechnen und von den Sparkonten gleich einziehen und abbuchen (Montag ist Feiertag auf Zypern), und dam Dienstag den Sparern nur noch der um die Abgabe reduzierte Betrag zur Verfügung steht.
Die Sitzung über die Bankenabgabe wurde nun auf Montag verschoben – es hat im Land unmittelbar nach Bekanntwerden der Maßnahme massive Proteste gegeben. Wir wissen, dass insbesondere viele reiche Russen im vermeintlich sicheren Hafen Zypern Gelder angelegt haben, die oft aus zweifelhaften Quellen stammen. Allerdings gibt es natürlich auch eine Menge zypriotischer Sparer, die wie überall sonst auf der Welt teilweise fürs Alter oder für schlechte Zeiten gespart haben.
Die Frage, ob das zypriotische Parlament nun morgen das Gesetz beschließt – oder aus innenpolitischen Gründen vermeint nicht zustimmen zu können – ist offen, doch wollen wir nicht den Teufel an die Wand malen und davon ausgehen, dass am morgigen Feiertag wie geplant sowohl die gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffen, als auch der „Einzug“ der „Spar-Steuer“ von den zypriotischen Sparkonten durch die Banken stattfinden kann.
Dass diese sogenannte „Bankenabgabe“ eine völlig neue Qualität hat, muss jedoch jedem klar sein. Banken und Institutionen wurden schon beim Griechenland-Schuldenschnitt mehr oder minder dazu gezwungen, einen Teil ihrer Forderungen im wahrsten Sinn des Wortes „abzuschreiben“, doch dass private Sparer einen Beitrag in Form einer „Sonderabgabe“ leisten müssen (man man die Abgabe nennen wie man mag) ist neu und einmalig.
Die Frage ist für mich völlig offen: wie werden die Kapitalmärkte reagieren, wie werden die Sparer im übrigen – teils kaum minder krisengefährdeten – Europa reagieren, die nicht schon seit Jahren mit Sparzinsen leben müssen, die nicht einmal die Inflation abdecken (also mit der Kapitalertragsteuer ohnedies schon in Wahrheit keine Abgabe auf Gewinne leisten, sondern eine „Kapitalwert-Minderungsgebühr“ entrichten). Werden die Sparer in Spanien, in Irland, in Italien, und überall sonst, wo über kurz oder lang die Gefahr eines notwendigen „EU-Rettungspaketes“ besteht, ihre Sparguthaben auf ihren nationalen Konten belassen?
Oder werden sie nicht vielmehr – verunsichert durch das zypriotische Beispiel – ihre Spargelder rechtzeitig in einen Hafen Europas umleiten wollen, der ihnen sicherer erscheint, als die Häfen des eigenen Landes? Und werden sie durch ihr Verhalten damit nicht die Notwendigkeit der Regierungen ihrer Länder, unter einen „Rettungsschirm“ schlüpfen zu müssen, massiv beschleunigen – weil Banken, die auf offenen Forderungen sitzen – nun mal eben auch auf die Spareinlagen der Bürger ihres Landes angewiesen sind?
Ich meine: mit dem Beschluss einer Abgabe auf die Sparguthaben hat die EU nichts Gutes angerichtet. Ich würde darauf wetten, dass sich die vermeintlich schon „überstandene“ Euro- bzw. Finanzkrise in Europa in absehbarer Zeit massiv zuspitzen wird, da nun kein Sparer mehr darauf vertrauen kann, die in seinem eigenen Land angesparten Gelder auch vollständig wieder zurück zu erhalten – die Sparer Spaniens, Irlands etc. werden beim nächsten kleinen Anzeichen einer Krise in ihrem Land ihre Spargelder in ein vermeintlich sicheres Land transferieren, und durch dieses Verhalten die Bankenkrise in ihrem eigenen Land nur verstärken und damit die eigentliche Krise erst richtig auslösen.
Sicher – dieses Szenario muss nicht unbedingt eintreten. Die Regierungen der europäischen Länder könnten ihren Sparern und Anlegern hoch und heilig versprechen, dass sie in ihrem Land einer „Sparkonten-Steuer“ niemals zustimmen würden. Fraglich ist bloß, ob heutzutage dieses Versprechen ausreichen würde, dass den Regierungen auch geglaubt würde.
Und ja, die EZB könnte ihre Politik der Niedrigst-Zinsen noch jahre- oder jahrzehntelang fortsetzen, und könnte auch Banken mit Liquidität ohne Sicherheiten überschütten. Fraglich ist bloß, wie man Leute in Zukunft dazu animieren möchte, fürs Alter vorzusorgen, wenn es über weitere Jahre oder Jahrzehnte inflationsbedingt keine Möglichkeit gibt, auch nur die Kaufkraft des Kapitals zu erhalten – von Wertzuwachs wollen wir heutzutage schon nicht mehr reden.
Ich meine: mit der Zypriotische Bankenabgabe – sprich: mit dem Einzug eines gewissen Prozentsatzes von allen Sparkonten – hat Europa eine Büchse geöffnet, die sie nicht mehr schließen wird können. Die Angst vor dem Verlust eines Teiles der Sparguthaben wird das Sparverhalten vieler Europäer noch über Jahrzehnte hinaus massiv beeinflussen, und den Euro-Ländern zusammen noch Kopfzerbrechen und Schmerzen bereiten, gegen die im Vergleich sich das derzeitige Hilfspaket für Zypern noch als harmloses Phantom-Wehwehchen entpuppen wird.
19-03-2013 22:43
Wir könnten ja auch alle zusammenlegen und uns ne Bank kaufen.
Rendite gibt es hier auch nicht mehr.
Oder bestelle ich mir doch noch ein neues Auto *grübel*
Das Geld muß weg, bevor es die anderen haben.
Die Kaufkraft haben zum Teil ohnedies schon andere.
Was du jetzt noch hast (und dir auch immer bleibt), das ist das Nominale. Also die schönen Zahlen mit mehr oder wenig vielen Nullen.
Was du dafür kriegst, ist eine andere Frage. Ein flotter Matchbox-Flitzer wird sich wohl auch in ein paar Jahren noch ausgehen.
19-03-2013 23:15
Dann lasse ich die wenigen Nullen doch liegen und räume schon mal den Platz in der Schrankwand für das Matchbox-Auto frei.;-)
20-03-2013 19:53
ORF, ZIB 19.30:
Es gibt zurzeit keinerlei Hilfsangebot aus Russland, somit zeichnet sich keine Lösung des Zypern-Problems ab.
Die Banken bleiben vorerst bis Dienstag nächster Woche geschlossen. Lediglich Kleinbeträge können bis dahin von den Bankomaten behoben werden.
Die Pleite Zyperns samt Zusammenbruch einiger zyprischer Banken wird langsam, aber stetig, wahrscheinlicher.
21-03-2013 13:30
Es kommt Bewegung rein... B-)
http://www.readers-edition.de/2013/03/20/turkei-kauft-zypern-ein-telefonat-zwischen-merkel-und-erdogan/
21-03-2013 13:40
;^O klasse!
21-03-2013 14:23
Güle güle, Angela!
21-03-2013 14:40
Ein neuer 'Plan B":
Ein Fonds mit Kapital von Kirche, Rentenkassen und anderen Institutionen soll Staatsanleihen ausgeben.
Ein wenig soll auch die zyprische Zentralbank mit ihren Goldreserven dazu beitragen. Damit könnten 4,8 Milliarden Euro zusammenkommen. Der Rest auf die benötigten 6 Milliarden soll nun doch mit einer Zwangsabgabe auf Bankanleihen zusammen kommen, allerdings sollen nun nur noch Guthaben über 100.000 Euro belastet werden.
Ich habe aber Zweifel am Gelingen des "Plan B": kann denn die EU ihre Zustimmung zum "Plan B" geben?
Sagte doch Bundesfinanzminister Schäuble - er würde bei russischen Krediten an Zypern (die es nun ohnedies nicht zu geben scheint) Gefahr sehen - da dies die Staatsverschuldung nochmals erhöhen wurde und die Schulden damit auf eine nicht mehr tragfähige Höhe steigen würden (Zypern diese Schulden also nicht würde zurückzahlen können)..
Wenn nun aber neue Staatsanleihen herausgegeben werden sollen - besichert durch Rentenkassen-Gelder und dem Vermögen der Kirche - was bitte ist das denn anderes als eine neue Staatsverschuldung? Anstelle der von der EU geforderten "Eigenmittel"?
Will Schäuble dann trotzdem Zypern die 10 Milliarden Rettungsgelder leihen, obwohl er davon ausgeht, dass diese dann nicht zurückgezahlt werden können? Wie kann er das denn verantworten?
21-03-2013 14:41
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/europas-schuldenkrise/zypern/europas-schuldenkrise-zypern-will-seine-goldreserven-verpfaenden-12122648.html
21-03-2013 14:45
Es geht vielmehr um die Tatsache, dass mit einem Handstreich die letzten Reste der Glaubwürdigkeit der Politik in Europa weggefegt wurden.
Man kann das auch genau gegenteilig sehen. Der Schaden für die Politik(er) wäre m. E. weitaus größer gewesen, hätten sie diejenigen, die in den vergangenen Jahren sehr gut an diesem "Bankensystem" rsp. "Waschmaschine/Steuerflüchtlingsasyl" verdient haben, NICHT an dem Rettungspaket beteiligt, sondern stattdessen das volle Risiko wiederum auf die Steuerzahler in den restlichen EU(EO)-Staaten umverteilt.
Und es geht vielmehr um das Risiko, dass mit dieser Maßnahme in anderen Ländern eine Bankenkrise infolge Illiquidität ausgelöst werden könnte - weil Menschen ANGST haben und sämtlichen Versprechungen der Politiker nicht mehr vertrauen
Danach schaut es derzeit nicht aus. Die Sparer in den Restländern haben diese Befürchtung offenbar nicht, ein Bankenrun bleibt anscheinend aus. Auch die Aktienmärkte reagieren nicht sonderlich. Es scheint den Beteiligten klar zu sein, dass es sich um eine zypernspezifische Regelung handelt, die im Grunde angemessen ist.
Es geht vielmehr um die Tatsache, dass auch eine gerechte und in der Höhe angemessene Maßnahme unsinnig und sogar idiotisch ist, wenn man damit gleichzeitig die Lunten der beiden Kanonen anzündet, die auf beide eigenen Knie gerichtet sind.
Solange nur die Knie betroffen sind, geht's ja noch. Eine Stückchen höher .... mmmmmmpffff
Es wurde schon richtig transportiert, dass sich die EU und andere Beteiligte nicht von Zypern erpressen lassen dürfen und das auch klar gemacht werden muss. Das größere Problem ist für mich, wenn Russland zuviel an Einfluss gewinnen sollte, weil Zypern versucht, die EU und Russland gegeneinander auszuspielen.
21-03-2013 15:14
Solange nur die Knie betroffen sind, geht's ja noch. Eine Stückchen höher .... mmmmmmpffff
Europa ist jetzt schon überaltert - und wird es immer stärker. Alles zwischen Magen und Knie verliert da an Bedeutung und wird aus dem Bewusstsein verdrängt. Die Menschen wollen ja nicht ständig an ihre Inkontinenz erinnert werden...
21-03-2013 20:05
Ich bin fassungslos über Plan B.]:)
23-03-2013 13:06
So, am Wochenende ist ja jetzt Showdown...oder auch nicht. Auf jeden Fall will die EZB Zypern den Geldhahn abdrehen wenn bis Montag kein Hilfsprogramm von EU und IWF zustande gekommen ist...oder auch nicht... :8}
Heute jettet Präsident Nikos Anastasiades nach Brüssel, heute Abend oder Sonntag ist Abstimmung über die "Zwangsabgaben" im zyprischen Parlament und am Sonntag beraten dann die EU-Finanzminister, IWF-Christine Lagarde ist auch anwesend.
Gestern Abend wurden nun Kapitalverkehrs-Kontrollen beschlossen:
• Beschränkung de täglichen Limits für Bar-Abhebungen
• Keine vorzeitige Kündigung von Sparbüchern möglich
• Zwingende Verlängerung von befristet gebundenem Geld
• Umwandlung von Verechnungs-Konten in Girokonten
• Verbot von Bargeld-Überweiungen
• Beschränkungen von Bank-Karten, Kreditkarten, Pre-Paid-Karten
• Verbot der Einlösung von Schecks
• Verbot von Überweisungen innerhalb ein und dersleben Bank
• Kein Zugang zu Kreditvermittlern
• Beschränkungen bei allen Überweisungen
• Jede andere Maßnahme, die die Zentralbank oder eine andere Bank zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit für notwenig erachtet
Hier der Artikel mit dem Schlußsatz: "Derartige Beschränkungen des Eigentums sind einmalig in der Geschichte der EU und des Euro. Sie bedeutet de facto eine Rückkehr zum Banken-Standard auf das Niveau der fünfziger Jahre in Westeuropa oder der DDR bis zu ihrem bitteren Ende."
http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2013/03/22/zypern-beschliesst-anti-bank-run-gesetz/
Man darf auf die weiteren Ereignisse gespannt sein... ;\
23-03-2013 22:27
Es scheint eine Einigung über die Maßnahmen gegeben zu haben, die zur Erlangung des 10-Milliarden-Hilfskredites für Zypern umgesetzt werden müssen:
+) die Sache mit der Einbeziehung der Pensionen ist vom Tisch - dies hatte die EU ja als unsozial und unakzeptabel bezeichnet.
Dafür wird es - zusätzlich zu den Mitteln der Kirche in einem Fonds und Goldreserven der Zyprischen Nationalbank (ein Teil? Oder alles?) nun doch eine Abgabe auf Sparkonten geben - allerdings nur für Guthaben höher als 100.000 Euro:
+) Bankkunden der Bank of Cyprus sollen mit 20% "Zwangsabgabe" belastet werden
+) Bankkunden aller übrigen Banken mit 4%
Sollte dies so umgesetzt werden, von der "Troika" aus EZB, IWF und Euro-Zone "genehmigt" und als Basis für die 10-Milliarden-Hilfe akzeptiert werden, dann wird Zypern wohl die Pleite umgehen können.
Allerdings wird sich Zypern wohl vom bisherigen Geschäftsmodell verabschieden müssen. Die russischen Oligarchen werden die Zwangsabgabe von teils 4%, teils 20%, nicht sonderlich goutieren und sich mit ihren Anlagen großteils wohl zurückziehen. Die übrigen Geschäfte der Banken werden wohl noch eine Weile lang nur höchst eingeschränkt funktionieren können - ansonsten das Risiko eines "Bank-Runs" mit Abhebung eines Großteils der Sparguthaben samt damit verbundener Banken-Pleite infolge Liquidität - wohl bestehen bliebe.
Ja, die Bedingungen der "Troika" (5,8 Milliarden Eigenmittel) waren hart, und es musste schnell gehen. Dennoch kann man der zyprischen Regierung den Vorwurf, unvorbereitet und ohne Konzept gehandelt (bzw. nicht gehandelt) zu haben, nicht ersparen. Das Land - und insbesondere die Bevölkerung - wird vermutlich noch lange mit steigender Arbeitslosigkeit und deutlichen Einkommensrückgängen der noch Erwerbstätigen zu kämpfen haben - als Bankgeheimnis-Paradies und Steueroase hat Zypern nun vermutlich ausgedient.
Ich befürchte: vom entstandenen Vertrauensschaden in anderen Euro-Staaten - alleine durch das bloße "Andenken" einer Zwangsabgabe auch auf kleine Sparbeträge - werden wir noch umfangreiche Kenntnis erhalten. Früher, als uns allen lieb ist.
23-03-2013 22:29
http://kurier.at/wirtschaft/wirtschaftspolitik/sonderabgaben-zypern-einigt-sich-mit-troika/6.412.393
http://www.welt.de/newsticker/dpa_nt/infoline_nt/schlaglichter_nt/article114716431/Keine-optimale-Loesung-mehr-moeglich.html
http://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2013-03/26336137-zypern-troika-kreise-bestaetigen-einigung-auf-sparerabgabe-003.htm
25-03-2013 10:00
schubs
plus:
http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/zypern-fachleute-melden-anzeichen-fuer-kapitalflucht-a-890704.html
da räumen doch kleinanleger/sparer
trotz kapitaltransferverbot ihre konten ab...;-)
25-03-2013 13:39
die Milliarden-Bombe