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Dara Kossok-Spieß vom Handelsverband Deutschland weiß, dass der Handel durch die vielen unterschiedlichen Herausforderungen der letzten Jahre gebeutelt ist und zeigt empathisch Verständnis dafür, dass Diversitätsthemen daher aktuell nicht ganz oben auf der Prioritätenliste stehen können. Eine von ihr durchgeführte Diversitätsstudie zeigt jedoch, dass sich bereits viele kleine und mittelgroße Unternehmen dessen bewusst sind, dass auch sie in ein nachhaltiges Diversity Management investieren müssen. Aber warum eigentlich?

In dieser Sonderfolge zum Internationalen Weltfrauentag geht es vor allem um eines: Die Diversitätsdiskussion verständlich herunterzubrechen und zu erklären, warum Diversität, gerechte Teilhabe und Inklusion vor allem für den Handel so wichtig sind.

Dara Kossok-Spieß spricht gemeinsam mit den Podcast-Hosts Isabell Butterwegge und Tino Propp über das diesjährige Motto „Embrace Equity“, erläutert die vorrangig englischen Fachbegriffe aus dem Diskurs und liefert hilfreiche Tipps, damit auch kleine und mittlere Unternehmen einen diverseren Arbeitsplatz gestalten können.

 

**Wichtige Links**

 

*** Kapitelmarken *** 

  • 00:05:45–00:12:48: Über intersektionalen Feminismus und den Unterschied zwischen Equity und Equality
  • 00:12:48–00:39:58: Praktische Tipps zur Einführung von effektivem Diversitätsmanagement
  • 00:16:14–00:18:50: Vorstellung der Community of Inclusion „Women@eBay” 
  • 00:39:58–00:44:10: Erfolgsmessung von Diversitätsmanagemen

 



Dara: Haben keine einfachen Jahre hinter uns, und ich kann jede Händlerin und jeden Händler verstehen, die sagen, Diversity, Equity und Inclusion war als strategisches Ziel nicht mein Top 1 in 2020, 2021 und 2022. Und ich glaube, da muss man auch Druck rausnehmen.

 

Isabell: Hallo, liebe Hörerinnen und liebe Hörer, und herzlich bekommen zu unserer ersten Sonderfolge des eBay Podcast für Händlerinnen und Händler und natürlich für alle, die es werden wollen. Mein Name ist Isabell Butterwegge, und ich bin Seller Engagement Managerin bei eBay Deutschland. Im Seller Engagement bin ich immer dann involviert, wenn wir von eBay neue Produkte und Features für unsere gewerblichen Händlerinnen und Händler planen und mit euch kommunizieren. Wie bereits erwähnt, haben wir heute eine Sonderfolge für euch vorbereitet und aufmerksame Hörerinnen und Hörer haben vielleicht schon ein und eins zusammengezählt. Heute ist der 8. März, der internationale Frauentag. Da wir wissen, dass Gleichberechtigungsthemen oftmals auf einer sehr theoretischen Ebene besprochen werden, wollen wir heute vor allem über praktische Lösungsansätze sprechen, wie auch kleine und mittelgroße Unternehmen diesen Diversitätsaspekt in ihren unternehmerischen Tätigkeiten integrieren können. Und dafür haben wir uns Expertise geholt. Wir haben nämlich Dara Kossok-Spieß eingeladen, die sich beruflich und auch privat sehr intensiv mit diesem Thema auseinandergesetzt hat aber dazu gleich noch mehr. Gemeinsam widmen wir uns heute der Frage, welchen Mehrwert Diversität, Gleichberechtigung und Inklusion im Unternehmenskontext mit sich bringen und wir unterhalten uns darüber, wie diese oft nicht greifbar scheinende Dimension überhaupt messbar gemacht werden kann. An dieser Stelle zwei kurze Hinweise: Im weiteren Verlauf der Folge werden wir den doch etwas schwierigen Begriff DE&I also der Kurzform von der englischen Fassung Diversity, Equity und Inclusion abkürzen. Außerdem haben wir für alle, die direkt zu den praktischen Tipps springen wollen, wieder Kapitelmarken eingefügt. Neben der bereits erwähnten Dara, sitzt heute auch mein geschätzter Co-Host Tino Propp, der Category Manager für Sammeln und Seltenes, Spielzeug und Modellbau bei eBay Deutschland tätig ist, mit mir hier im Podcast-Studio. Hey Tino, schön, dass du wieder mit dabei bist! Erkläre auch unseren Zuhörerinnen und Zuhörern, wieso du heute in einer Folge zum Weltfrauentag neben mir im Studio sitzt.


Tino: Ja, hallo Isabell, das ist eigentlich ganz einfach. Ich möchte unsere oft doch überwiegend männliche Hörerschaft sensibilisieren und einladen, mit mir gemeinsam etwas über dieses Thema zu lernen. Denn wie du schon gesagt hast, ist das kein einfaches Thema. Es ist komplex und manchmal fühlt es sich auch für viele Männer einfach überfordernd an. Nichtsdestotrotz ist es ein wichtiges Thema, denn aus meinem Arbeitsalltag, von Messen und Konferenzen zum Beispiel, weiß ich, dass im Handel und erst recht im E-Commerce eine Großteil der Unternehmen männlich geführt werden. Mir ist es wichtig, dass wir auf Augenhöhe über dieses Thema sprechen, denn wir wissen ja alle, dass es im Handel in den letzten Jahren zig Themen gab, um die sich gekümmert werden musste. Die Pandemie hat ihr restliches getan, und da sind DE&I-Themen vielleicht etwas in den Hintergrund gerückt.


Isabell: Vielen Dank für deine Unterstützung, Tino. Ich finde auch, dass es wichtig ist, dass auch die männliche Perspektive in dem ganzen Thema vertreten wird. Seit mittlerweile mehr als 100 Jahren stehen vor allem Frauen an diesem Tag für mehr Geschlechtergerechtigkeit ein. In den letzten Jahren sieht man aber auch immer mehr Männer, die an den Diskussionen, Thementagen und weiteren Aktionen teilnehmen. Und mit dieser Folge tragen wir bei eBay Deutschland heute auch unseren kleinen Anteil dazu bei. Wusstest du, dass der internationale Frauentag in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern mittlerweile sogar als gesetzlicher Feiertag anerkannt ist?


Tino: Ja, natürlich wusste ich das. Das ist auch tatsächlich ein starkes Zeichen in die richtige Richtung und verleiht der Relevanz des Tages noch mehr Ausdruck. Das offizielle Motto des diesjährigen International Weltfrauentag, kurz IWD, lautet "Embrace Equity", was so viel Kbedeutet wie bereitwillig und enthusiastisch Gerechtigkeit zu akzeptieren, anzunehmen und auch zu fördern. Und mit diesem Grundgedanken kennt sich unsere heutige Besucherin im Studio sehr gut aus. Ich freue mich ganz besonders, die bereits erwähnte Dara Kossok-Spieß vom Handelsverband Deutschland bei uns begrüßen zu dürfen. Beim HDE leitet Dara den Bereich Netzpolitik und Digitalisierung und hat dort auch eine Diversity-Initiative gegründet. Außerdem engagiert sie sich kommunalpolitisch und leitet bei SWANS die operativen und inhaltlichen Social Media Aktivitäten für Facebook, LinkedIn und Instagram. SWANS ist eine gemeinnützige Organisation, die im deutschsprachigen Raum aufgewachsene Studentinnen und junge Akademikerinnen mit Zuwanderungsgeschichte, schwarze Frauen und Women of Color all bei allen Themen rund um Beruf und Karriere fördert. Liebe Dara, vielen Dank, dass du heute bei uns bist, und herzlich willkommen!


Dara: Vielen dank, dass ich da sein darf.


Tino: Du engagierst dich vielseitig für DE&I, was ist dein persönlicher Ansporn?


Dara: Wie meine Mutter jetzt sagen würde: Ich weiß, dass du weißt, wie du da rauskommst, aber ich habe keine Ahnung, wie du da reingeraten bist. So ähnlich ist es hier. Also, ich war schon, glaube ich, als Kind Feministin. Ich hatte immer eine sehr starke und sehr offene Meinung zu allen Dingen dieses Lebens und habe mich als Feministin dann auch im Studium sehr viel damit beschäftigt und irgendwann gemerkt: Feminismus funktioniert nur intersektional. Funktioniert nur, wenn er wirklich offen ist, auch für andere entsprechende Minderheiten, auch für andere entsprechende Diversity-Themen. Und so bin ich reingeraten in das ganze Thema Diversity. Ich würde mich niemals als Diversity-Expertin bezeichnen. Ich glaube, ich bin Handelsexpertin, ich bin Digitalisierungsexpertin. Das sind die Sachen, die ich vom Kopf her sehr gut kenne, wo ich mich reingearbeitet habe. Aber ich würde mich als "diversity-driven" bezeichnen. Also alles, was ich mache, versuche ich immer, durch die Diversity-Brille zu sehen und mitzugestalten.


Isabell: Du hattest gerade erwähnt, dass du dich für intersektionalen Feminismus einsetzt. Magst du einmal erklären, was genau das bedeutet und was du damit meinst?


Dara: Wenn man es ganz simpel herunterbrechen will, dann ist es die Frage. Momentan ist es, glaube ich, Thomas der meistverbreitete Vorstandsname, den wir haben. Es ist die Frage, ob wir Thomas durch Silke ersetzen wollen. Also reicht es einfach, wenn wir Feminismus so verstehen, dass wir weiße Männer durch weiße, bürgerliche Frauen ersetzen? Oder möchten wir nicht das alles viel größer denken? Sprich, andere Minderheiten, wie Menschen mit Einwanderungsgeschichte, Black People, andere People of Color, Menschen mit Behinderung aber auch natürlich LGBTQI+ Menschen, dass wir die mitdenken und, dass wir am Ende Fatmas in den Führungsetagen haben, genauso wie Thomas, genauso wie Silke, völlig unabhängig davon, ob sie hingelaufen sind oder im Rollstuhl hingekommen sind.


Isabell: Bevor wir dann gleich über die praktischen Tipps sprechen, möchte ich nochmal bei dem diesjährigen Motto im "Embrace Equity" einhaken. Also, wir werfen gerade viel mit verschiedenen englischen Begriffen um uns. Aber wenn wir über Diversität sprechen, dann hört man öfter mal den Begriff Equality und nicht unbedingt Equity. Magst du einmal erklären, was genau der Unterschied zwischen diesen beiden Begriffen ist?


Dara: Ja, wir haben in der Studie, ich habe sie ja heute mal auch ausgedruckt mitgebracht, weil ich immer sehr, sehr stolz drauf bin, dass wir sie jetzt ausgedruckt haben, ein sehr, sehr schönes Bild, was das aufzeigt. Und zwar müsst ihr euch ein Football-, Baseball-, Tennisspiel, was auch immer ihr für einen Sport mögt - ich mache ja gar keinen Sport.


Tino: Ich bin da komplett auf deiner Seite.


Dara: Dazu machen wir noch eine Podcastfolge. Wir machen, genau, das müsst ihr euch vorstellen. Und davor ist ein großer Zaun. So und, um über diesen Zaun zu gucken, gibt es verschiedene Menschen. Menschen, die sind zwei Meter groß, Menschen, die sind vielleicht so wie ich, so knappe 1,50 m oder Menschen, wie Kinder, die sind dann so 1 m groß. Und die können da nicht durchgucken, deswegen gibt's da Kisten. Und Equality wäre: Jeder kriegt eine Kiste, das ist ja gerecht. Darum geht es aber nicht. Es geht um Equity, es geht um gerechte Teilhabe. Was brauche ich, um zu partizipieren? Was brauche ich, um über den Zaun zu gucken und mir das Tennisspiel anzugucken? Und da braucht vielleicht einer drei Kisten und der andere braucht gar keine. Das ist vielleicht nicht gerecht im Sinne von, es ist nicht gerecht verteilt, nicht jeder hat eine Kiste. Aber es ermöglicht eine gerechte Teilhabe und genau darum sollte es uns gehen. Es sollte uns darum gehen, dass wirklich jede und jeder teilhaben kann am beruflichen Leben, sicherlich auch am gesellschaftlichen Leben. Aber wir sprechen ja heute vor allem vom Handel, sprich auch an der Wirtschaft. Wenn die oder derjenige eine Kiste mehr braucht, dann ist das Equity und dann müssen wir Strukturen schaffen, wie wir diese Kiste hinstellen können.


Tino: Dara, du hattest das eben schon ganz kurz angesprochen, eine Studie gibt es dazu. Magst du vielleicht nochmal auf die Studie eingehen?


Dara: Ja, sehr, sehr gerne, das ist mein Lieblingsthema. Wir haben als Diversity-Offensive des Handels, die ich ja beim HDE gründen durfte, eine Studie gemacht. Und zwar die erste Studie zum Thema Diversity, Equity, und Inclusion im deutschen Handel. Die haben wir nicht alleine gemacht. Wir haben uns gute, tolle Partner dazugeholt, unter anderem PwC und Google und haben zwei Sachen erfragt. Und zwar zum einen den Status quo. Wie sieht es gerade aus dem Handel? Aber auch, weil der Status quo für mich persönlich immer zu wenig ist, dann weiß man, wie es ist, und hat aber keinen nächsten Schritt, was mache ich jetzt damit? Da haben wir erfragt, wie es besser werden kann. Wie machen es diejenigen, die schon richtig, richtig gut sind? Und haben dadurch auch Handlungsempfehlungen rausschreiben können, die jede und jeder völlig unabhängig davon, ob er oder sie alleine im Geschäft steht oder ein Multimillionen-Unternehmen hat, durchsetzen kann.


Tino: So, und jetzt kommen wir nochmal zu deinem Beispiel zurück mit dem Zaun. Und zwar alle bekommen halt eben die gleichen Kisten, dann spricht man von Equality. Aber für die Equity müssen halt eben diese Kisten auf die persönlichen Bedürfnisse ja angepasst sein. Was können Unternehmen tun, um für mehr Gerechtigkeit am Arbeitsplatz zu sorgen? Um dann den Bogen wieder zurück dazu zu spannen.


Dara: Was können Unternehmen tun? Unternehmen können erst mal erfahren und analysieren, wen sie als Mitarbeitenden haben. Welche Bedürfnisse diese Mitarbeitenden haben und, wie sie innerhalb ihrer Strukturen diese Bedürfnisse treffen können. Und da ist es, glaube ich ganz wichtig, klein anzufangen. Zum einen ist das Thema Analyse sehr, sehr wichtig. Dann muss ich natürlich in den Dialog gehen. Ich muss sensibilisieren. Ich muss schauen, wo kann ich Hebel, die ich als Unternehmerin/ als Unternehmer habe, nutzen? Das hört sich jetzt sehr theoretisch an. Aber runtergebrochen ist es einfach mit den Mitarbeitenden reden und zwar sehr offen reden. Eine inklusive Arbeitskultur schaffen, würden wir sagen. Sprich, eine Arbeitskultur schaffen, wo Menschen sich der soweit sicher sind in ihrem Arbeitsumfeld, dass sie auch wirklich äußern, was sie meinen, und nicht dem Vorgesetzten oder der Vorgesetzten nach dem Mund reden.


Isabell: Und was ist dann konkret so ein Hebel, den ich bewegen kann, um das zu schaffen?


Dara: Also es fängt zum Beispiel beim Thema Inklusion an. Das ist immer das, was sich sehr, sehr viele Menschen sehr einfach vorstellen: Rampen, Fahrstühle. Wie schaffe ich, dass Menschen überhaupt an ihren Arbeitsplatz kommen? Wie schaffe ich auch im Handel, vor allem, wenn wir darüber sprechen, dass wir auch den stationären Handel natürlich mitdenken. Wie schaffe ich Räume, wo Menschen mit einem Rollstuhl oder mit einer anderen Behinderung oder auch mit einer Sehbehinderung so gut durchkommen, dass es barrierefrei ist? Aber es geht natürlich auch um die Möglichkeit der beruflichen Entwicklung. Wie schaffe ich es, dass vielleicht zum Beispiel Frauen, das ist immer das beste Beispiel in Deutschland, weil wir Diversity immer sehr schnell runterbrechen auf das Thema Gender. Aber zum Beispiel, wie Frauen in die Vorstände kommen? Wir haben eine Branche, die ist sehr weiblich dominiert. Jeder und jeder kennt das. Wirklich jeder Deutsche/ jeder Deutsche ist im Handel, weil er mindestens einmal die Woche einkaufen muss und sieht die Frauen an der Fläche. Wir sehen sie nur noch nicht in den Vorstandsposten. Und da sind die Hebel natürlich sehr groß, von Mentoring über faire Entlohnung, sprich auch Sprache über Entlohnung, bis hin zur Verhandlung, bis hin natürlich auch zu "Allyship". Deswegen fühle ich mich super, super wohl, dass Tino heute da ist, weil wir müssen über männliches "Allyship" sprechen. Wir müssen darüber sprechen, wie Männer und Frauen gemeinsam an diesem Ziel arbeiten und dass wir nicht immer dieses dagegen aufbauen, was wir, glaube ich, rhetorisch offen machen, was in der in Wahrheit aber gar nicht stimmt.


Tino: Und das ganze Thema ist natürlich ein ziemlich langwieriges Thema, das auch für viele Seiten natürlich auch frustrierend sein kann, da es ja quasi nicht, ich sag mal, so schnell umgesetzt werden kann. Oder ich empfinde das manchmal, es wird sehr langsam nur umgesetzt. Und hier ist es glaube ich wichtig, dass wir uns der Themen erstmal bewusst werden und nicht direkt daran gleich zweifeln. Magst du einmal erklären, wie sich der Unterschied von Equality und Equity in der Realität auch in Unternehmen zeigt?


Dara: Zum einen möchte ich wirklich vorwegschieben, dass wir drei super harte Jahre im Handel hinter uns haben. Wir hatten Corona, wir hatten Ladenschließungen, wir hatten aber auch Lieferkettenprobleme. Wir haben den Krieg in der Ukraine, wir haben entsprechend auch Energiesorgen, entsprechend auch Verteuerungen. Wir haben keine einfachen Jahre hinter uns und ich kann jede Händlerin und jeden Händler verstehen, die sagen, Diversity, Equity und Inclusion war als strategisches Ziel nicht mein Top 1 in 2020, 2021 und 2022. Und ich glaube, da muss man auch Druck rausnehmen. Tatsächlich ist es so wie bei der Morgenroutine, wir kennen das alle. Wenn man mit dem Sport anfangen will oder wenn man immer irgendwie ein Glas Zitronenwasser morgens trinken will, dann muss man klein anfangen und dann muss man Gewohnheiten schaffen. Und auch beim Thema Diversity, Equity und Inclusion müssen wir Gewohnheiten schaffen, sprich das Thema mitdenken. Das heißt zum einen das Thema sensibilisieren und zum anderen immer schauen, okay, haben meine Mitarbeiter alle ihre Kisten, damit sie ihren Job bestmöglich machen können? Haben meine Mitarbeiten alle Skills, und zwar sowohl fachlich als auch interkulturell als auch sozial, um ihre Ziele zu erreichen? Was sind denn überhaupt die Ziele meiner Mitarbeitenden? Weiß ich, das? Habe ich das jemals abgefragt? Weiß ich, ob Mohammed vielleicht stellvertretender Geschäftsführer werden will oder, ob Fatma er in den Vorsitz will? Darum geht's. Sensibilisiert, aufzeigen, schauen, wo meine Möglichkeiten sind und dann natürlich auch "Safe Spaces" schaffen. Das ist ganz, ganz wichtig. Räume schaffen, in denen man sich austauschen kann. Und zwar Gruppen unter sich. Wir haben da tolle Beispiele auch in der Studie, wo wir Räume und Communitys geschaffen haben, für zum Beispiel LGBTQI+ Mitglieder oder Mitarbeitende, die sich austauschen konnten zu ihren Themen, zu dem, was sie bewegt. Wie sie zum Beispiel auch den vielleicht gut gemeinten Witz von irgendeinem Kollegen mal aufgefasst haben und das dann gesammelt zu transportieren. Es ist immer leichter, wenn man sich wohlfühlt, wenn man sich sicher fühlt, seine Bedürfnisse zu kommunizieren, als wenn man das Gefühl hat, man ist alleine. Und deswegen sind diese Communitys auch so wichtig. Und die kann man immer schaffen. Die kann man auch schaffen, wenn man kaum Mittel hat. Weil da geht es wirklich um Empathie, da geht es um Sensibilisierung und da geht's ums Mitdenken. Und wir müssen da hin kommen, dass Unternehmen Diversity mitdenken, genauso wie sie vor 20 Jahren Digitalisierung hätten mitdenken müssen, um heute erfolgreich zu sein.


Tino: Jetzt war ich eben gerade so ein bisschen in Gedanken bei eBay, das finde ich ganz spannend, weil wir sind da glaube ich, sehr gut, was das Thema halt immer irgendwie angeht.


Isabell: An dieser Stelle möchten wir von eBay euch davon berichten, was wir tun, um die Geschlechtergerechtigkeit in unserem Unternehmen zu fördern. Bei uns gibt es mehrere Communitys auf Inclusion, die dazu beitragen, allen anderen Mitarbeitenden die Lebensrealitäten von gewissen Personengruppen näherzubringen. Eine davon ist "Women @ eBay". Gemeinsam mit ihnen haben wir zum Beispiel im letzten ja auch die Talk-Reihe "Zusammen noch stärker" auf die Beine gestellt, bei der auch Dara zu Gast war. Heute habe ich unsere Kollegin Valerie Siegle von "Women @ eBay" eingeladen, um mir drei Fragen zu beantworten. Valerie ist seit einem Jahr bei eBay Deutschland und für das Projektmanagement im Home & Garden Bereich zuständig. Hallo Valerie und schön, dass du hier bist. Erklär uns doch mal kurz, was "Women @ eBay" eigentlich ist.


Valerie: Hallo Isabell. Ja, super gerne. "Women @ eBay" ist eine interne Arbeitsgruppe bzw. Komitee, die sich zur Aufgabe gemacht hat, Frauen bei eBay zu vernetzen und sie beim Erreichen ihrer persönlichen und beruflichen Ziele zu unterstützen. Wir gehören einem internationalen Netzwerk an, denn "Women @" gibt es in fast allen Ländern und Städten, in denen es eBay auch gibt, also wie ein Büro haben praktisch. Es immer sehr spannend zu sehen, was die Kolleginnen machen, denn in allen Ländern gibt es verschiedene Themen und Bereiche.


Isabell: Das ist auf jeden Fall super spannend. Was ist denn euer Ziel?


Valerie: Unser Ziel ist es, die Chancengleichheit für alle Geschlechter bei eBay zu fördern bzw. die Schaffung eines Bewusstseins für die Chancenungleichheit. Also unterm Strich, Aufmerksamkeit schaffen und auf Ungleichheiten aufmerksam machen. Beispielsweise sind das Themen wie die Vereinbarung von Karriere und Familie. Dara hatte vorhin die Boxen und den Zaun angesprochen. Das ist zum Beispiel so ein Thema. Ein weiteres Thema sind auch "Gender Biases", also geschlechterspezifische Vorurteile, wie die Sprache.


Isabell: Und was sind konkrete Maßnahmen, die ihr ergreift, um diese Ziele zu erreichen?


Valerie: Mit besonderem Schwerpunkt auf Netzwerken und die eben angesprochenen Awareness-Themen, also Bewusstseinsschaffungsthemen, planen wir mehrere, kleine wie große Events über das Jahr verteilt. Die sind zum Beispiel kleine Workshops, wie "I am remarkable Trainings", in denen es um Selbstbewusstsein im eigenen Berufsfeld geht. Ein Thema, mit dem gerade Frauen oftmals tatsächlich zu kämpfen haben. Außerdem veranstalten wir Netzwerkevent für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mit dem Ziel, Kontakte außerhalb der regulären Arbeitsgruppen zu knüpfen. Heute beispielsweise für den internationalen Frauentag, haben wir, haben wir das ganze eBay Deutschland Team auf Drinks und Snacks eingeladen, um die Errungenschaften aller Frauen einfach mal zu feiern. Wir freuen uns drauf.


Tino: Dara, du hattest ja bei der Intro schon Feminismus angesprochen. Der Begriff Feminismus hat für viele Menschen, und damit meine ich jetzt nicht nur Männer, sondern auch tatsächlich bei Frauen, einen negativen Beigeschmack. Wie können wir dazu beitragen, dass sich das ändert?


Dara: Also ich hab ja auch gesagt, ich bin gefühlt seit Kind Feministin. Deswegen kannst du bei mir immer einen positiven Beigeschmack aber ich kann das natürlich total verstehen. Ich glaube, bei jeglichem Transformationsprozess und auch Diversity ist ein Transformationsprozess. Ein Prozess, wo wir uns verändern, weil wir uns an Veränderungen der Umwelt anpassen. Jeder Transformationsprozess ist unangenehm, ist schmerzhaft, ist mit Wachstum über sich selbst hinaus verbunden und darauf haben die meisten Menschen, und da gehöre ich sicherlich auch dazu, keine Lust - weil es unbequem ist. Und deswegen haben solche Bewegungen, wie zum Beispiel der Feminismus oftmals so negativen Beigeschmack, weil sie belehrend einem vorkommen. Weil sie nicht empathisch genug vielleicht einem vorkommen. Weil sie vielleicht in einem vorkommen, als würde jemand mit erhobenem Zeigefinger ständig einem aufzeigen, was man eigentlich weiß und zwar, dass man vielleicht nicht besonders in einer besonders gleichberechtigten Gesellschaft lebt. Und, dass man jeder und jede dazu beitragen könnte, sie gleichberechtigt zu machen. Darum geht es aber im Feminismus nicht, also zumindest bei dem Feminismus, den ich lebe. Mit erhobenem Zeigefinger aufzuzeigen, du, du du, das ist jetzt aber alles ganz schlimm. Sondern mir geht es darum, auf Augenhöhe zu diskutieren, wie wir es gemeinsam besser machen können, weil wir können es nur gemeinsam besser. Und im Rahmen von Gesprächen, die ich ja meistens so in der Wirtschaft führe, ist es auch ganz oft aufzuzeigen, was denn die genauen Vorteile davon sind, wenn ich Diversity, Equity und Inclusion in mein strategisches Management aufnehme. Das ist essenziell, weil natürlich sind Händlerinnen und Händler vor allem eins: Händlerinnen und Händler. Sprich, sie müssen Umsatz machen. Und genau deswegen muss man natürlich auch darüber sprechen oder kann man das aufgreifen, was der Diversity-Management für ein Erfolgsfaktor ist. Und damit, glaube ich, bewegen wir mehr, als wenn wir nur diese moralisierende Debatte führen.


Tino: Aber trotzdem ganz interessant. Du hattest jetzt gerade auch wieder gesagt, das Gendern schon alleine war ja ein riesen Diskussionspunkt über die letzten Jahre. Du hattest das eben als Beispiel "Händlerinnen und Händler", was jetzt eigentlich immer mehr in den Alltag halt eben einfließt. Aber bis wir glaube ich, da ganz am Ende sind, dauert es trotzdem noch ein bisschen.


Dara: Genau das dauert und also ich habe tatsächlich beim Gendern eine, ich habe eine private Meinung, also ich gendere privat sozusagen. Ich gendere aber zielgruppengerecht, sagen wir es mal so. Also vielleicht nicht gerade in Berlin Prenzlauer Berg in einem hippen Kaffee, sondern beim Stammtisch in Fürstenwalde. Wenn ich da bin und wenn ich Menschen davon überzeugen will, dass ihnen Diversity was bringt, dann brauche ich keine Brandmauern aufbauen, bevor wir überhaupt beim Thema sind. Ich finde, gendern ist nichts Ideologisches. Für mich ist es ein Ausdruck dessen, dass ich tatsächlich alle Menschen mit meine, und zwar sowohl Männer als auch Frauen als auch alle, die sich eben weder als Mann noch als Frau identifizieren. Aber ich weiß, dass Menschen gendern auch ideologisch sehen oder es als eine Form der Ideologie sehen, die man entsprechend artikuliert. Und da brauche ich diese Mauern nicht. Da geht es mir eher um die Sache und um den Kern, als um alles vorangestellte. Und ich glaube, da müssen wir hinkommen. Wir müssen flexibler werden, auch in unserer Ansprache, um den Kern zu transportieren als nur auf die Hülle zu achten.


Isabell: Du hattest eben schon davon gesprochen, dass es auch darum geht, die ganzen Vorteile aufzuzeigen, die diverse Teams mit sich bringen. Es gibt dazu auch eine ganz spannende Studie, die wir auch gerne nochmal in den Shownotes verlinken können, die eben aufzeigt, dass diverse Teams tatsächlich profitabler sind. Deswegen ist es eigentlich für Unternehmen und auch du hattest gesagt, für den Handel, super wichtig, dass verstanden wird, dass DE&I im Unternehmen nicht nur zu mehr Akzeptanz führt, zu mehr Gerechtigkeit, sondern eben auch, es geht um den Handel, auch zum größeren Erfolg im Business. Wie genau passiert das?


Dara: Also ist tatsächlich so, dass wir immer nur, okay, Tino und ich können das verstehen, wir haben Brillen. Du musstest dir jetzt vorstellen, dass wir immer nur eine Brille haben. Wir haben die Brille unseres Horizonts, unserer Lebenserfahrung, vielleicht der Lebenserfahrung unserer Eltern oder Großeltern, so wie wir sozialisiert sind. Und das ist auch völlig okay. Ich werde nie mir in Fülle vorstellen können, wie es einer schwarzen, behinderten Frau geht, weil ich keine schwarze, behinderte Frau bin. Das hindert mich nicht daran, empathisch zu sein, aber ich werde es nie in Fülle verstehen können. Sprich, ich weiß auch nicht in Fülle, was die Bedürfnisse dieser Frau sind. Beim Handel geht es aber darum, Bedürfnisse möglichst zielgenau zu treffen. Ich muss für jede Kundinnen- und Kundengruppe entsprechend die Bedürfnisse verstehen, um sie dann befriedigen zu können. Heißt, wenn ich eine breit aufgestellte Mitarbeitendenschaft habe, dann habe ich Menschen drin, die kennen diese Bedürfnisse, die verstehen sie in Fülle, weil sie sich auch leben. Und dann können sie mir das Kommunizieren. Das geht los beim Thema Marketing. Mir ist es aber ganz, ganz wichtig, dass wir Diversity, Equity und Inclusion nicht nur im Marketing unterbringen, weil dann haben wir "Pinkwashing". Dann haben wir tolle, bunte PR-Kampagnen - wunderschön! Aber wenn das sich nicht durchzieht durchs Unternehmen, bringt es uns das nichts, weil es nicht authentisch ist, weil es nicht gelebt wird. Wenn wir es aber wirklich schaffen, es in alle Unternehmensbereiche strategisch vom Kopf her strategisch einzubringen, dann schaffen wir es, dass Menschen sich derart wohlfühlen auf der Arbeit, dass sie diese Bedürfnisse kommunizieren und in die Arbeitsstruktur, in den Handel einbringen können. Und jetzt raus aus der Theorie, rein in die Praxis: Was bedeutet das? Das bedeutet, dass zum Beispiel schwarze Frauen krauses Haar haben oder viele schwarze Frauen krauses Haar haben. Dieses krause Haar muss anders gewaschen und gepflegt werden als mein sehr dünnes, osteuropäisches Haar. Sprich auch, die brauchen zum Beispiel anderes Shampoo, andere Pflege und auch einen anderen Duschkopf. Und das Unternehmen, was zum Beispiel Duschköpfe herstellt, kann das erst verstehen und kann das erst implementieren, wenn es zum Beispiel eine schwarze Frau im Ingenieursteam gibt, die dann sagt, Leute, netter europäischer Duschkopf, den ihr da habt, bringt mir nur nichts, weil ich muss einen Tag lang meine krausen Haare pflegen. Es geht wirklich um die ganzen Bereiche. Gesamtheitlich, holistisch im Unternehmen. Und dann geht es auch um die Wertschöpfungskette, dann geht's auch um HR, dann geht's auch ums Hiring, da geht's auch ums Marketing.


Tino: Und wenn wir dann vielleicht auf die Unternehmen gleich mal zurückkommen, und zwar die kleinen und mittelständischen Unternehmen. Wie können sie diesen Prozess in die Praxis umsetzen und damit dann starten?


Dara: Genau also in der Studie haben wir aufgezeigt, dass Mittelständlerinnen und Mittelständler durchaus verstehen, dass Diversity, Equity und Inclusion ein Zukunftsthema ist, dass sie durchaus verstehen, wie wichtig das ist. Also die eigene Sensibilisierung ist auf einem sehr guten Stand. Was momentan noch fehlt, ist die Umsetzung. Wo kann ich rein, was? Was kann ich direkt machen? Und da haben für mich Mittelständlerinnen und Mittelständler eigentlich immer ein totalen Vorteil, weil sie im Gegensatz zu Konzernen, und ja, ich weiß, die Konzern haben dann die Ressourcen, haben das Geld, das umzusetzen. Aber im Gegensatz zum Konzern haben sie einen Überblick. Sie haben meistens genau diese familiäre Atmosphäre, eigentlich etwas, was prädestiniert ist für genau diesen inklusiven, sicheren Arbeitskulturweg. Eben, weil sie ihre Mitarbeitenden kennen, weil sie meistens wissen, wo sie hinwollen, was auch vielleicht ihre Situation gerade im Leben ist, weil sie sehr nah dran sind. Und da ist es ganz wichtig, im allerersten Schritt, wie gesagt, zu sensibilisieren. Und zwar, sich selbst zu sensibilisieren für das Thema. Auch da völlig eingeschränkt im Rahmen des möglichen. Keiner muss jetzt noch nebenbei eine komplette Weiterbildung im Diversity-, Equity- und Inclusion-Management machen. Ich glaube, das ist ganz, ganz wichtig. Ganz viele Menschen, die dann was machen wollen, überfordern sich zum Teil auch selber, weil es einfach so vieles gibt. Einfach klein anfangen, vielleicht auch mit einer Zielgruppe anfangen. Also vielleicht fange ich an mit Menschen mit Behinderung, oder ich fange an mit Menschen mit Einwanderungsgeschichte. Und ich schaue mir an, was gibt's dazu? Was gibt's da für Unternehmensstrategien? Wie kann ich Menschen gewinnen? Wie kann ich Menschen behalten? Wie kann ich Menschen fördern? Dann ins offene Gespräch gehen, also die sich selbst sensibilisieren, aber auch die anderen im Unternehmen zu sensibilisieren. Und da ist für mich immer die Frage, und das passt sehr, sehr gut zum Weltfrauentag. Wen wollen wir denn eigentlich bei Inclusion inkludieren? Wollen wir die Minderheiten an die Mehrheit anpassen? Das ist das, was wir so in den 90ern, 2000ern dann gemacht haben mit Girls Boss und du musst dich einfach nur reinhängen und du musst einfach nur gut genug verhandeln, dann wirst du genauso hart sein im Business wie der Mann und dann bist du auch erfolgreich. Oder wollen wir die Mehrheit für die Minderheiten sensibilisieren und aufzeigen, wir sind alle unterschiedlich? Es ist auch okay, unterschiedlich zu sein. Wir müssen trotzdem Strukturen schaffen, die uns im Rahmen von gerechter Teilhabe, im Rahmen von Equity die gleichen Zugänge schaffen. Und das ist eine strukturelle Frage und das ist keine individuelle Frage. Und dann geht es aber tatsächlich auch um die Frage, wie befördere ich? Sehr simpel. Was sind meine Kriterien, wie ich befördere? Was sind meine Kriterien, wie ich Gehaltsverhandlungen mache? Ist es einfach nur, ach, der ist nett, der kriegt man 20 Prozent oben drauf, oder habe ich wirklich Kriterien? Weil, wenn ich es systematisch mache, dann baue ich genau diesen Bias, noch ein Wort aus dem neuen "Denglisch". Aber genau diese Vorurteile, die wir alle haben, die habe ich und die haben wir alle. Dann baue ich die aber ab, weil ich die auf Schwarz auf Weiß, auf Papier habe und da kann nicht stehen: Mensch, aber der Tino ist so ein netter Kerl.


Tino: Ich bekomme keine 20 Prozent mehr. Ich sag es dir nur.


Dara: Oder Mensch, der hat so einen grauen Pulli. Ach, Grau erinnert mich an Regenwolken, 20 Prozent runter. Das kann ich nicht auf dem Papier schreiben, das kann ich nicht systematisch machen und deswegen, das ist die Möglichkeit, das zu umgehen.


Tino: Du hattest gerade auch Gehaltsverteilungen oder Gehälter angesprochen. Da haben wir ja in Deutschland ja auch diesen wunderbaren Begriff "Gender-Pay-Gap", das halt eben Männer und Frauen nicht gleich verdienen, auch in gleichen Anstellungen, sag ich mal.


Dara: Also, wir haben ja da als Handel großen Vorteil, weil wir sehr, sehr viel über Tarif regeln, das muss man sagen. Also aber natürlich, wir kennen es alle, ab einer bestimmten Gehaltstufe, und dann sind wir wieder beim Thema, wie viele Vorständlerinnen haben wir so in der deutschen Wirtschaft grundsätzlich auch nicht nur im Handel? Da haben wir immer noch das Thema Verhandlung. Wenn du nur gut genug verhandelst als Frau, dann kriegst du gefühlt das gleiche. Und wir wissen ja, dass das nicht stimmt. Also, es gibt ja Studien, die ganz genau nachweisen, dass das nicht stimmt. Auch weil wir eben genau diese systematischen Fragen nicht haben. Da, wo wir bei Tarifen sind, ist das alles systematisiert, da haben wir das Problem nicht. Da, wo es nicht systematisiert ist, da haben wir die "Gender-Pay-Gap" immer noch und zwar auch bereinigt. Völlig unabhängig davon, welcher Tätigkeit ich nachgehe, sozusagen, sondern auch bei gleicher Tätigkeit, gleicher Anstellung, gleicher Zeit der Anstellung habe ich immer noch die "Gender-Pay-Gap". Und ich glaube, in einem so reichen und in einem so auch gut gebildeten Land wie Deutschland brauchen wir das nicht. Also könnten wir das sehr schnell lösen und unter anderem natürlich auch in dem Unternehmen reflektieren, wie sie Behandlungen wahrnehmen, wie sie Gehälter vergeben und wie sie befördern und besetzen.


Isabell: Ja, ich finde das ganz spannend, weil viele Punkte, die du genannt hast, waren vor einigen Wochen jemanden da, einen Persönlichkeits-Coach. Und sie hatte mit uns eben über Mitarbeiterführung gesprochen und viele der Dinge, dieses Bewusstsein, auf die Mitarbeitenden eingehen, auch quasi schon im Hiring-Prozess, auf Bedürfnisse achten und so weiter. Das ist ziemlich deckungsgleich mit dem, was du auch gerade erzählt hast. Nun ist es aber so, dass viele, ich spreche jetzt von den kleinen Händlerinnen und Händlern, die bei eBay verkaufen, sind ein Mann-, zwei Personen-Unternehmen. Sie sind super klein, haben sehr viel zu tun und wenig Ressourcen, wenig Budget. Du hast es eben auch kurz angesprochen. Also da sind natürlich ganz andere Mittel da als zum Beispiel bei Google, PwC, die euch dann bei ner Studie unterstützen. Was wären denn neben dieser gedanklichen Sensibilisierung noch so ein, zwei Handlungsempfehlungen, die du denen mit an die Hand geben würdest?


Dara: Ja, gut, mitarbeitenden Führung bei einem ein Frau- oder ein Mann-Betrieb wird schwierig, also auch Selbstführung ist ein großes Thema aber ich glaube, da brauchen wir nicht so viele Diversity-Aspekte. Die Frage ist tatsächlich, wie möchte ich vielleicht meine Kundinnen und Kunden aus der Diversity-Sicht verstehen? Und da gibt es ganz viele Möglichkeiten, sich weiterzubilden. Auch da komplett den Druck rausnehmen. Ich muss nicht 700 Webinare online machen und bei allen Meetups dabei sein, die es irgendwie in meiner Stadt gibt zu dem Thema und 15 akademische Paper lesen, sondern mir anschauen, okay, was sind Themen, die wie ich Kundinnen und Kunden erreiche? Also da haben wir zum Beispiel beim HDE auch den Online-Monitor, da zeigen wir jedes Jahr auf, wie sich der Online-Handel entwickelt. Völlig sozusagen unabhängig vom Aspekt Diversity, Equity und Inclusion. Aber wir haben seit es die Diversity-Offensive gibt, auch immer ein Diversity-Aspekt mit drin. Und da haben wir unter anderem abgefragt letztes Jahr, wie die Kundinnen und Kunden Onlinegeschäfte wahrnehmen. Sprich, wie nehmen sie diverse Teams wahr und wie nehmen sie homogene Teams wahr? Und da werden homogene Teams immer schlechter wahrgenommen. Also, diverse Teams werden bei Freundlichkeit, aber auch bei Kompetenz, bei Professionalität, bei Vertrauen, bei all diesen Schlüsselkategorien bei uns im Handel, als besser wahrgenommen. Und jetzt wieder, wie setze ich es um? Bei der Frage, wie nehme ich Bebilderung wahr in einem Onlineshop? Ist das für die Kundinnen und Kunden kaufentscheidend? Ist es tatsächlich, je jünger die Kundinnen und Kunden sind, desto kaufentscheidender ist eine diverse Bebilderung. Sprich, je vielseitiger, vielfältiger die Menschen bei meiner Bebilderung sind, desto eher spreche ich jüngere Kundinnen und Kunden an. Wenn ich zum Beispiel als eBay-Händler mir überlege, dass mein Produkt eigentlich perfekt für die Gen-Z ist, aber ich sehe einfach, bei mir bestellt immer nur die Oma von Genz-Z. Dann könnte ich mir zum Beispiel überlegen, vielleicht liegt es daran, dass meine Bebilderung ein 40-jähriger Mann in Cargo-Hosen ist und vielleicht nicht gerade die Genz-Z anspricht. Das sind alles Momente, die kann ich auch als Einzelunternehmer*in machen. Da muss ich mich nur ein bisschen rein fuchsen, und das geht auch mit Spaß. Ich glaube, das ist auch ein Thema, was wir in Deutschland oft haben. Wir haben immer das Thema Weiterbildung, Weiterentwicklung. Es muss richtig doll weh tun, damit es gut ist, das muss richtig unangenehm sein, es muss wirklich ganz viele Fußnoten und und unglaublich anstrengend sein. Nur dann ist es was wert. Das ist es nicht. Es gibt extrem viele kostenfreie Zugänge, Seiten, "Charta der Vielfalt" macht auch extrem viel zu dem Thema, wo ich mich einlesen kann, wo ich durchscrollen kann. Auch wenn ich abends Netflix oder Tagesschau gucke, je nachdem, was ich lieber mag und wo ich mir peut a peu das aneignen kann.


Isabell: Du hattest gerade gesagt, es muss weh tun. Wie gehe ich denn mit der Situation um, wenn ich gewillt bin, das Thema anzustoßen und es vielleicht auch schon versucht habe, aber immer wieder auf Gegenwind stoße?


Dara: Bestenfalls muss es eben nicht weh tun, sondern wir können es mit Freude, mit Spaß an der Sache und ohne diese Brandmauern aufzustellen, diskutieren und gemeinsam daran arbeiten. Aber tatsächlich ist das eins der Handlungsempfehlungen, die wir drin haben in der Studie. Wir haben ja vier rausgenommen. Was haben wir so von denen, die es können oder die es sehr, sehr gut machen, gelernt? Und es war eine der Themen. Zum einen das Thema Mut, Mut, das Thema anzugehen, Zukunft wird aus Mut gemacht. Da bin ich ne komplette Verfechterin von und zum zweiten aber auch als jemand, der in Führung ist. Den Raum für Engagement schaffen, heißt einerseits auch, die Menschen ermutigen, das Thema anzugehen, aber auch ganz einfach den Raum innerhalb des Arbeitstages dafür schaffen, dass Menschen sich damit eben beschäftigen können. Jetzt hattest du gesagt, okay, jetzt kriege ich Gegenwind. Das ist, finde ich, eine sehr, sehr schwierige Frage, weil ich kann, Gegenwind ist auch immer eine sehr persönliche Frage. Ich kann Gegenwind eine Zeitlang sehr gut aushalten. Ich glaube, niemand hält Gegenwind im normalen Arbeitskontext, und da ist Diversity meistens ja eben nicht der Fokus, sondern das ist etwas, was ein Herzensthema ist und was ich treibe, weil ich es wichtig finde. Aber es ist nicht mein Hauptjob. Ich muss trotzdem immer noch mein Hauptjob ordentlich machen. Und darauf sind die meisten Menschen ja auch angewiesen. Ich kann Gegenwind aushalten, wenn es ein Herzensthema ist aber sicherlich nicht für eine langfristige Zeit. Und da ist die Frage, welche Risiken möchte ich als Führungskraft eingehen, wie viele Leute zu verlieren? Und meistens sind das ja die guten Leute. Sein wir mal ehrlich, meistens sind doch die Leute, die wirklich passioniert an einer Sache sind, die das Unternehmen ja auch besser machen wollen, die Leute, die man behalten will, die man gut findet, die Leidenschaft mitbringen, die mit kreieren wollen. Und wenn ich diese Leute halten will, dann muss ich Räume schaffen, und dann muss ich vielleicht auch bei mir selber als Führungskraft Brandmauern ein bisschen runterschrauben. Als betroffene Mitarbeitende in dem Fall, in diesem Szenario würde ich aber auch sagen, man muss es immer wieder versuchen, man muss mutig sein, aber ich kann auch jede und jeden verstehen, der irgendwann aufgibt und entweder komplett in seinen Job und auf sein Kerngebiet zurückkommt und einfach nur seinen Job macht oder der sagt: Okay, hier kann ich mich nicht verwirklichen, dann muss ich gehen.


Tino: Hast du vielleicht dann einen Tipp für die Einzelkämpfer*innen, dass man dann daraus quasi so eine Gemeinschaftsaufgabe macht?


Dara: Sucht euch Verbündete. Das ist ja, es ist wirklich so. Sprecht über das Thema, spricht das Thema an in der Kaffeepause, in der Kaffeeküche, beim Rauchen. Für diejenigen, die Rauchen, ist ja auch ein soziales Element bei der Arbeit, habe ich zumindest gehört. Sprecht es an! Es ist es immer wieder erstaunlich, wie viele Menschen sich eigentlich damit auseinandersetzen und es nicht kommunizieren oder es nicht für relevant halten. Ganz viele ihre Kenntnisse für irrelevant halten, obwohl sie eigentlich total spannend sind und total viel einbringen können. Vernetzt euch. Und ab der Vernetzung braucht es aber irgendwann strategischen Schritt. Das ist tatsächlich etwas. Also vernetzen, ja, drüber sprechen, ja, aber bevor das in so ein Geraune überwächst und in eine kollektive Unzufriedenheit, braucht es diesen strategischen Schritt ins "machen". Und dann kann man sagen, okay, dann machen wir jetzt eine Diversity-Gruppe auf und wir machen eine kleine AG auf und wir überlegen uns, und das sind die drei Schritte, die möchten wir hier im Unternehmen in den nächsten zwei Jahren ändern. Und dann geht man damit zum Chef oder zur Chefin und sagt: Schau mal, das würden wir uns wünschen. Das sind Sachen, die sehen wir, und die funktionieren noch nicht gut. Wir sind uns da einig, und wir sind eine Gruppe von fünf Leuten und wir haben es, und wir sind passioniert, und wir sind gut bei der Sache dabei, und wir würden uns freuen, wenn ihr uns da unterstützt. Und in meiner Erfahrung, auch mit sehr vermeintlich konservativen Unternehmen funktioniert das, weil, wie gesagt, Führungskräfte, wirklich gute Führungskräfte, die möchten passionierte, engagierte Mitarbeitende behalten, und die schätzen das sehr wert.


Isabell: Und der Chef oder die Chefin wird ja dann wahrscheinlich fragen, schön, wir haben diese drei Schritte, ihr könnt sie angehen. Woran erkennen wir, das wäre erfolgreich damit waren?


Dara: Ja, Messbarkeit, Messbarkeit, Messbarkeit, Messbarkeit. Das ist tatsächlich für alles im wirtschaftlichen Bereich, und ich komme ja so mit einem halben Fuß aus, auch aus dem Social Entrepreneurship, mit SWANS. Auch in dem Bereich, in allem Unternehmertum ist das tatsächlich wichtig für sich definieren, was sind die Maßnahmen? Welche Maßnahmen bedeuten welche direkten Handlungsschritte? Wer ist verantwortlich? Superwichtig! Toll, wenn man Maßnahmen hat, aber keiner sich zuständig fühlt, dann sie nämlich gar nichts. Und was ist Erfolg? Erfolg messbar machen, und sei es, wir möchten dieses Jahr zwei treffen zum Thema Diversity-Management in diesem Unternehmen, was sind unsere Bedürfnisse, machen. Klein anfangen, sei es, wie wir dann gesagt haben, im zweiten Jahr der Diversity-Offensive, wir brauchen zahlen. Wir möchten eine Studie machen. Wir möchten überhaupt erst mal wissen, was überhaupt los ist in der Branche. Klare, messbare Ziele sich stellen, weil sonst führt das genau zu dem, was wir gesagt haben: hoher Erwartungsdruck, Überforderung, Frustration, aufgeben. Ich glaube, das können wir uns nicht mehr leisten, sondern wir müssen hin zu kleinen Effizienten und messbaren Zielen.


Isabell: Hast du ein Beispiel, wie so eine Kennzahl aussehen könnte, also besonders jetzt für ein kleines Unternehmen?


Dara: Ja, ich habe zwei Beispiele. Also das Einfachste ist immer, wir sind immer noch bei dem Thema auch Auszubildende. Das ist ein riesengroßes Thema. Wie gewinne ich Auszubildende? Wie halte ich Auszubildende? Auch da der Markt. Wir haben einen großen Wettbewerb um um junge Leute, um Auszubildende. Da ist auch die Frage ja, wen spreche ich denn an? Wo spreche ich die Leute an? Wie spreche ich die Leute an? Das könnte man sich natürlich vornehmen und sagen, okay, ich möchte dieses Jahr meine Suche nach Auszubildenden so gestalten, dass ich ein vielseitiges Angebot habe an möglichen Kandidatinnen und Kandidaten, aber auch darüber hinaus. Ich kann ja nicht als kleines Unternehmen oder vor allem so als zwei-, drei-, vier-, fünf-Mann-Frau-Betrieb ständig neue Leute einstellen. Da könnte ich mir jetzt zum Beispiel überlegen, gut, ich möchte dieses Jahr als Kennzahl für mich zwei Workshops machen. Und zwar das erste, weil ich habe drei Frauen im Unternehmen und zwei davon haben Einwanderungsgeschichte und zwei Männer im Unternehmen und einer davon ist schwul. Also möchte ich dieses Jahr für mich als Ziel setzen, ich mache zwei Workshops, das eine zum Thema Sexismus. Weil ich möchte mal wissen, wie die Frauen das überhaupt in meinem Unternehmen erleben. Ist das überhaupt ein Thema für sie, und wie ist denn da so die entsprechende Kommunikation im Team? Und das zweite Thema, was ich gerne setzen würde, wäre das Thema LGBTQI, weil wir haben diesen einen Kollegen, das weiß ich, aber ehrlich gesagt, ich habe so gar keine Ahnung, was das Thema bei ihm macht und wie es umtreibt, und ich fände es gut, wenn das ganze Team sich damit mal auseinandersetzen würde. So, und dafür brauche ich jemanden, der das steuert. Das macht jetzt meine Assistentin. Gut, die wird das machen. Dafür braucht sie jetzt 20 Stunden in drei Monaten, damit sie das alles ordentlich aufsetzen und wir auch gute Schnittchen haben, damit sie die gut bestellen kann. Und das zweite, ich brauche jemanden, der das leitet. Hm, von uns im Team, das ist ja doof, wenn das einer von uns macht. Wir haben ja auch alle nicht so wirklich Ahnung das soll. Da müssen wir uns mal auf die Suche gehen. Da gibt es bestimmt so Menschen, die kennen sich aus, nennt man Coaches oder Trainerinnen. Das sind meine zwei Sachen: simpel, einfach klein, riesengroßer Impact. Wir müssen nicht das Rad neu erfinden und wir müssen uns auch nicht in Brand stecken, damit es rollt. Wir müssen einfach nur loslegen. Und wie gesagt, dafür muss ich wissen, mit wem arbeite ich überhaupt zusammen, was bewegt die Leute, was wollen diese Leute und daraus kann ich dann Maßnahmen ableiten.


Isabell: Ich würde sagen, das war ein sehr schönes Schlusswort. Auf jeden Fall sehr viele Anregungen, die du heute mit uns geteilt hast. Liebe Dara, vielen Dank für deine Expertise und vor allem auch für dein unermüdlichen Einsatz für mehr Gerechtigkeit und auch dafür, dass du heute bei uns warst und dein Wissen mit uns und unseren Zuhörerinnen und Zuhörern geteilt hast.


Tino: Dara, auch von mir ganz, ganz lieben Dank, dass du heute da warst. Du hast ganz viel Licht ins Dunkel gebracht. Ich bin nun noch mehr davon überzeugt, dass Geschlechtergerechtigkeit und, wie ich heute gelernt habe, die intersektionale Perspektive dieser, uns alle etwas angeht.


Dara: Ich danke euch beiden, dass ich da sein durfte, für den leckeren Kaffee, danke ich auch und vor allem für das Zuhören. Weil ich glaube, es ist wirklich wichtig, dass wir ins Sprechen kommen. Dass wir uns Zuhören kommen, ist wichtiger als sogar das Sprechen. Und, dass wir Räume schaffen, Räume, wo wir diese Themen ansprechen und dann irgendwann auch operationalisieren können. Deswegen danke für euren Einsatz, danke für diese Podcast-Folge und allen einen fantastischen Frauenkampftag!


Tino: Vielen lieben Dank. Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Wir freuen uns immer über euer Feedback. Ihr helft uns, eBay als Marktplatz und unseren Podcast weiter zu verbessern. Schreibt uns gerne in der eBay Community, ob euch unsere Tipps weitergeholfen haben oder wie ihr mit dem Thema Diversity-Management in eurem Unternehmen umgeht.


Isabell: Ja, solltet ihr weitere Fragen zu dem Thema an Dara oder auch an Valerie von "Women @ eBay" haben, könnt ihr uns diese gerne auch über die eBay Community zukommen lassen und wir kommen dann schnellstmöglich mit einer Antwort auf euch zurück. Ansonsten findet ihr weiterführendes Material wie immer in den Shownotes und vergesst nicht, uns da, wo ihr uns gerade hört, ein Abo oder auch ein Like dazulassen. Das hilft unserem Podcast dabei, weiter zu wachsen. Und damit Tschüss und bis zum nächsten Mal!


Tino: Tschüss.
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